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Sind Gruppen in Restaurants grundsätzlich unerwünscht?

Vor kurzem war ich mit einer Gruppe von neun Personen in dem Frankfurter Restaurant M Steakhouse essen. Man gab uns den Tipp, unbedingt einen Tisch zu reservieren, um mit solch einer großen Personenzahl auch einen Tisch zu bekommen. Schliesslich gäbe es hier zusammen mit dem Schwesterrestaurants Surf n Turf die besten Steaks in Town, wenn nicht sogar deutschlandweit und die Kritiken seien ausgezeichnet. Etwas verwundert waren wir schon, als man bei uns am Tag der Reservierung telefonisch nachfragte, ob wir wirklich kämen und man um eine schriftliche Bestätigung bat, auf der wir uns dazu verpflichteten, für jeden Gast, der nicht käme, 20 EUR “Strafe” zu zahlen. Anscheinend hatte das Restaurant schon genug Erfahrungen mit No Shows gemacht und so haben wir unterschrieben.

Im Restaurant angekommen, wurde uns gleich der Weg zum Tisch gewiesen. Es handelte sich um einen einzelnen Tisch im Nebenraum, der auch als Durchgang zur Küche diente. Das konnte zwar manchmal nerven, weil die Ober laut gestikulierend hin und her sausten, aber dafür waren wir für uns und das laute Stimmengewirr im Hauptraum störte uns hier nicht. Wenn wir auch etwas auf die erste Bestellung warten mussten, so war die anschliessende Show doch beeindruckend. Man zeigte uns fast alle Steaks in der Rohversion, so dass man sich etwas darunter vorstellen konnte. Etwas mürrisch gab man uns danach die Steakkarte, weil wir doch mal in Ruhe auswählen wollten und natürlich auch einen bescheidenen Blick auf die Preise wagten wollten. Schliesslich ist das M Steakhouse nicht nur für sehr gute, sondern auch sehr teure Steaks bekannt.

Obwohl einige ganz gerne Wein trinken wollten, bestellten dann doch alle Wasser oder Bier. Denn es gab keinen offenen Wein, sondern nur aus Flaschen. Das ist o.k., hat aber das erste Mal an diesem Abend dazu geführt, dass potentielle Einnahmen vom Restaurant verschenkt wurden. Es sollte nicht das letzte Mal sein 🙂 Zudem begann der Ärger damit, dass man uns mitteilte, dass eine getrennte Rechnung ab 5 Personen nicht möglich sei. Dass man uns am Telefon genau das Gegenteil gesagt hatte, wurde nur mit einem Achselzucken zur Kenntnis genommen. Auch ein nettes Rückfragen nutzte nichts, man wollte bei uns partout keine Ausnahme machen. Das war zu einem Zeitpunkt, als wir die Getränke schon bestellt hatten. Ganz nach dem Motto: “Friss oder stirb”. Spätestens jetzt fühlten wir uns nicht mehr als Kunde König. Aber deshalb wollten wir uns ja das leckere Essen nicht vermiesen lassen.

Das Essen selbst war erstklassig. Das Fleisch war zart und ganz, ganz lecker. Wir merkten gar nicht, wie die Zeit verging. Auf einmal war es 22.30 Uhr. Wir wunderten uns, warum sich keiner mehr um uns kümmerte. Man hatte wohl kein Interesse mehr, uns ein Nachtisch oder Espresso anzubieten, weil man Schluss machen wollte. Also baten wir um die Rechnung. Es dauerte fast eine halbe Stunde, bis wir die ganze Rechnung auseinander dividieren konnten. Dabei stellten wir fest, dass einige Preise auf der Karte wohl veraltet waren, denn die Preise auf der Rechnung waren zum Teil höher als in der Speisekarte. Der absolute Hammer war eine Service-Fee in Höhe von 35,50 EUR. Ich wusste gar nicht, dass es so etwas in Deutschland gibt. Oder hat man das nur uns berechnet, weil man sowieso kein freiwilliges Trinkgeld bei diesem lausigen Service erwarten konnte? Und jetzt rächte sich auch, dass ein Gruppenmitglied das empfohlene Fleisch gewählt hatte, das nicht auf der Karte stand. Es war mit 49,80 EUR nicht wirklich ein Schnäppchen 🙂

Anscheinend ging der Vorgang einer jungen Bedienung nicht schnell genug. Sie fragte rotzig nach, ob sie weiterhelfen könne. Als jedoch ein Mitglied der Gruppe sagte, dass wir hier ihre Arbeit machen würden, explodierte die junge Bedienung und “rotzte” nur noch zurück. Anstatt uns zu helfen oder einen Taschenrechner zu reichen, zeigte sie nur unverständnis dafür, dass wir so lange bräuchten. Auf den Hinweis von uns, dass wir uns telefonisch haben bestätigen lassen, einzeln zahlen zu dürfen, rotzte sie nur zurück, dass das nicht sein könnte. Aha, sie unterstellte uns also, gelogen zu haben, ohne es wirklich besser zu wissen. Der Abschluss des Essens war damit leider eine Katastrophe. Und genau mit diesem schlechten Eindruck sind wir aus dem Haus gegangen. Seitdem haben wir etwas zu erzählen, aber mehr über den Service, als über das Essen, das über jede Kritik erhaben ist.

Die meisten Gruppenmitglieder, alles Unternehmer, waren genau zweimal in diesem Restaurant. Das erste und das letzte Mal. Denn gutes Essen alleine reicht einfach nicht aus. Gastronomie besteht nicht nur aus Essen, sondern auch aus gutem Service. Und wenn man pro Person mehr als 50 EUR am Abend ausgibt, dann kann man guten Service auch erwarten. Dass unsere Erfahrung kein einmaliger Ausrutscher war, bewies mir ein kurzer Blick auf restaurant-kritik.de. Ich wünschte mir, dass in allen Restaurantkritiken eine Unterscheidung zwischen Einzelpersonen und Gruppen gemacht werden würde, die ein Restaurant besuchen. Denn nach mehr als 10 Jahren Erfahrungen mit Restaurants, die in Gruppen besucht wurden, habe ich den Eindruck, dass es nur ganz wenige Gastronomiebetriebe gibt, die heute noch Gruppen willkommen heißen. Eine echte Marktlücke, denn viele Gruppen bringen guten Umsatz, kommen bei guten Erfahrungen gerne wieder und jeder einzelne aus der Gruppe ist ein potentieller Gast in Zukunft.

Update: Der Gastronomieprofi Gerhard Schoolmann hat meine Erlebnisse analysiert und in einem separaten Blogbeitrag kommentiert. Sehr spannend, was ein Profi alles so zu sagen hat. Absolut lesenswert.

4 Responses to Sind Gruppen in Restaurants grundsätzlich unerwünscht?

  1. […] – das Steakhouse M in Frankfurt bietet zwar ein gutes Essen, zum Ausgleich aber anscheinend einen sehr unfreundlichen und wenig zuvorkommenden Service, wird von der Liste meiner zu besuchenden Restaurants damit gestrichen […]

  2. Balu sagt:

    Ach, schön mal wieder was über die Servicewüste zu lesen.

    Ich hätte ihr einfach mitgeteilt, dass ihr alles Einzelgäste seid, die nur zufällig an einem Tisch sitzen, wieso sie das denn zusammen abrechnen würde. 🙂

  3. Jean Wichert sagt:

    Ich kann mich meinem Vorgänger nur anschließen ;-). Ich bin immer wieder erstaunt, dass manche Gastronomen und/ oder Servicekräfte einfach nicht erkennen, dass der Pro-Kopf-Umsatz bei Gruppen meistens höher ausfällt, dass das Trinkgeld höher ausfallen könnte und dass das Potential der positiven Mundpropaganda sich in diesem Fall verneunfacht => zusätzliche Gäste! Liebe Gastronomen, ein bisschen Empfehlungsmarketing kann niemals schaden 😉

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