Unternehmen tun fast alles, um neue Kunden zu gewinnen. Meistens stehen hohe Budgets dafür zur Verfügung. Wenn allerdings der Kunde erst einmal “eingefangen” wurde, wird er häufig wie ein “Mensch zweiter Klasse” behandelt. Nicht selten fühlt sich der Stammkunde wie ein Bittsteller, wenn er es wagt, sich mit dem Anbieter in Verbindung zu setzten. Das ist umso unverständlicher, wenn man weiß, dass es viel schwerer ist, einen Kunden zu gewinnen, als ihn zu halten.
Anne M. Schüller listet in ihrem neuen Buch Kunden auf der Flucht? – Wie Sie loyale Kunden gewinnen und halten (Nominiert für den Preis: Trainerbuch des Jahres 2010 von managementbuch.de und der German Speakers Association e. V. ) das Sündenregister schlechter Bestandskunden-Betreuung auf:
- Fast nie werden die bestbezahltesten Mitarbeiter in der Bestandskundenbetreuung eingesetzt, sondern in der Neukundengewinnung. Die Bestandskundenbetreuer werden häufig in “Hühnerställen” (Call Centern) zusammengefercht und erhalten meist keine hohe Anerkennung.
- Bestandskunden werden häufig an externe Call Center ausgelagert. Jedes Mal erhält man einen anderen Ansprechpartner, der meist keine Entscheidungskompetenz hat. Das zermürbt früher oder später die treuesten Kunden.
- Bestandskunden müssen sich immer häufiger mit Automaten und Sprachcomputern unterhalten und im Takt der Technik ticken. Da kann es nicht verwundern, wenn der Kunde sich wie eine Nummer fühlt.
- Informationen vom Bestandskunden werden nicht gesammelt, um ihn einen besseren Service anzubieten und Beziehungen aufzubauen, sondern mit Massenmailings zu bombadieren, um weitere Produkte zu verkaufen. Zudem werden die Informationen häufig an andere Firmen weiterverkauft. Solch einen Verrat verzeihen die Kunden nicht.
- Häufig erhält der Bestandskunde nur eine kostenpflichtige Telefonnummer, um seine Kundenbeschwerden anzubringen. Das ist umso befremdlicher, weil Neukunden i.d.R. eine kostenfreie Telefonnummer verwenden dürfen.
Laut des bereits in 2007 veröffentlichten BMC Churn Index wählen die deutschen Verbraucher ihre Anbieter aufgrund finanzieller Anreize aus, schlechter Service ist dafür der Auslöser für einen Anbieterwechsel. Die Hauptabwanderungsgründe seien demnach:
- Neue Rabatte wurden nicht auf bestehende Kunden angewandt.
- Keine Informationen bei auftretenden Problemen.
- Keine Honorierung von Vertragsverlängerungen.
- Manglende Fähigkeiten und Kenntnisse des Call-Center-Personals.
- Keine Kontinuität bei der Problemlösung.
In vielen Unternehmen werden leider die Falschen belohnt. Wer als Kunde mit Kündigung droht oder sogar die Kündigung durchführt, erhält meist Gutscheine, Nachlässe etc. Damit richtet man seine Kunden darauf ab, zu kündigen und sich zu beschweren. Die braven Kunden dagegen sind die Dummen. Das sind Fehlanreize, die den meisten Unternehmen teuer zu stehen kommen. Die Hauptaufgabe muss vielmehr darin bestehen, die Bestandskunden zu belohnen.
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