In Crowdfunding

Bekommt der Kickstarter-Hype einen ersten Dämpfer?

Die Crowdfunding-Plattform Kickstarter kennt seit vielen Monaten nur ein Motto: “The Sky is the limit!” Schuld daran sind nicht zuletzt “Leuchtturmprojekte” wie die Pepple-E-Watch. Erstmals konnte Kickstarter-Projekt mehr als 10 Mio. USD einsammeln und das für ein Gadget, das noch gar nicht serienreif war. Aber gerade das macht ja den Reiz als Unterstützer aus, Projekte finanziell zu unterstützen, die ansonsten wahrscheinlich nie auf den Markt gekommen wären. Doch die Tücke liegt im Detail: Letztlich wollen die wenigsten Crowdfunder Geld verschenken, sondern eine Gegenleistung in Form des Endproduktes haben. Doch was passiert, wenn das Produkt deutlich später als versprochen ausgeliefert wird oder am Ende ganz anders aussieht als zu Beginn prognostiziert oder doch viel teurer als erwartet ist oder, oder, oder?

Diese Frage hat sich Aarti Shahani in einem aktuellen npr-Blogpost gestellt und damit zurecht viel Wirbel ausgelöst. So stellte er für seinen Artikel Julie Uhrman, die via Kickstarter mehr als 8 Mio USD für Entwicklung und Produktion ihrer Spielkonsole Ouya einsammeln konnte, die Frage, ob sie bei Scheitern des Projektes die “Backer” entschädigen könnte, weil das versprochene Produkt nicht ausgeliefert werden könnte. Die Antwort war bezeichnend: “Technically, from the Kickstarter perspective, I actually don’t know the answer to that,” she says. “But from a doing-the-right-thing perspective, we will treat our backers the best possible way.”

Kickstarter hat zu dem Artikel von Shahani im Rahmen eines eigenen Blogposts schnell und umfassend Stellung genommen. Das ehrt Kickstarter, aber die Antwort wollen wahrscheinlich nicht alle hören: Kickstarter übernimmt keine Verantwortung, wenn ein Projekt, das auf Kickstarter ausgeschrieben wurden, in der Realität scheitert und damit auch die versprochenen Leistungen (z.B. Auslieferung des Produktes) vom Projekverantworlichen nicht erfüllt werden konnten. Basta. Ich kann die Aussagen gut nachvollziehen, glaube aber trotzdem, dass das nicht das letzte Wort von Kickstarter sein wird. Es würde mich nicht wundern, wenn Kickstarter bald einen “Hilfsfonds” für gescheiterte Projekte einrichten würde.

In nächster Zeit wird es also spannend. Denn leider sind auch die Projektentwickler der Pepple-E-Watch im Verzug und wollen jetzt gar keinen fixen Auslieferungstermin mehr nennen, um nicht wieder leere Versprechungen machen zu müssen. Für alle Beteiligten will ich hoffen, dass dieses Projekt nicht wirklich scheitert, weil der Kolloteralschaden dann sehr hoch sein könnte. Bei kleineren Investitionsprojekten dagegen finden sich meist elegante Lösungen, wenn ein Projekt scheitert. So hat David Barnett, der 18.000 USD für die Entwicklung einer Schutzhülle für ein iPhone auf Kickstarter eingesammelt hat, mehr als 50 Backers aus eigener Tasche entschädigt, nachdem sein Projekt nicht realisiert werden konnte. Das war möglich, weil er als Professor ein gutes, geregeltes Einkommen hat.

Letztlich sind bei dieser Thematik neben Kickstarter vor allem die gefragt, die via Kickstarter und Co. Geld einsammeln wollen. Sie sollten genau überlegen, welche Versprechungen sie geben und ob sie diese auch einhalten können. Diese Überlegungen könnten dazu führen, dass Entwickler Kickstarter nicht als erste Instanz ansehen, um Seed Money einzusammeln. Umgekehrt werden auch die Backers genauer hinschauen, wofür sie Geld geben und wie groß die Chance ist, dass das Projekt wirklich umgesetzt werden kann. Das kann evtl. dazu führen, dass die Projektverantwortlichen früher ihre Hosen runter lassen müssen und aufzeigen müssen, ob ihre Versprechungen wirklich haltbar sind. Umgekehrt wird es aber auch immer Backers geben, die auch ohne solche Versprechungen gerne Geld zur Verfügung stellen werden, um Träume wahr werden zu lassen. Die Hype wird sich aber abschwächen.

3 Responses to Bekommt der Kickstarter-Hype einen ersten Dämpfer?

  1. In Finnland gab es neulich auch Probleme, weil es rechtlich nicht genau geklärt war und eine Frau, die ein Sprachlehrbuch anbietet muss dieses wahrscheinlich verschenken. Der Fall ist aber noch nicht ganz geklärt…

  2. tenyako sagt:

    Entschuldigung das mit dem Hilfsfonds verstehe ich nicht. Wenn es um Projekte geht bei denen das Team die Entwicklung nicht erfolgreich gestemmt bekommt, warum sollte man genau da weiteres Geld geben – das sollten doch eher die sein die dann auch nicht klappen. Oder soll es dann Geld zurück geben, das würde dann mit der Zeit die ganze Offenheit des Systems unterlaufen und letztlich dazu führen das die Plattform restriktiver werden muss um überlebensfähig zu sein.Dementsprechend würde dann weniger Innovation gefördert. Vielleicht habe ich die Idee von dem Hilfsfonds auch einfach nur falsch verstanden?

  3. Hallo tenyako,

    ich persönlich glaube, dass Kickstarter und andere Crowdfundingplattformen einen nicht zu unterschätzenden Imageschaden erleiden, wenn Projekte wie die Pepple-e-Watch scheitern würden.

    Insofern sollte aus meiner Sicht Kickstarter bei drohendem Scheitern nicht einfach die Hände in den Schoss stecken und sich darauf zurückziehen, eine Plattform zu sein, sondern mit Experten gemeinsam überlegen, ob solche Konzepte mit wenige aber gezieltem Aufwand gerettet werden könnten. Und genau dafür würde ich als Kickstarter Geld zurücklegen.

    Das kann natürlich nicht “Die Lösung” sein, sondern nur Teil der Lösung. Weiterhin müssen die Anstrengungen erhöht werden, z.B. via Rating-Systeme (siehe Bestrebungen einiger Crowdinvestingplattformen) die Spreu vom Weizen zu trennen.

    Am meisten sind natürlich die Projektbetreiber verantwortlich, z.B. bei einem Entwicklungsprojekt nicht ein Produkt als Gegenleistung zu einem bestimmten Zeitpunkt zu versprechen. Denn das ist selten möglich bei Seed-Projekten.

    Warum mache ich mir diese ganzen Gedanken und Vorschläge, die natürlich nur eine Diskussionsgrundlage sein können? Weil ich vermeiden will, dass durch große Flops die gesamte Idee des Crowdfundings einen großen Rückschlag erleidet und vielleicht dadurch um Jahre zurückgeworfen wird. Wir sind alle aufgefordert, uns jetzt Gedanken zu machen, bevor das “Kind in den Brunnen gefallen ist”.

    Natürlich freue ich mich über weitere Ideen, schließlich verstehe ich meine Vorschläge als Diskussionsgrundlage und nicht mehr.

Schreibe einen Kommentar