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Das Mitmachprojekt “deinfussballclub” wird nächstes Jahr eingestellt

Die Crowdinvesting-Plattformen in Deutschland bieten Beteiligungen an StartUps im drei- oder vierstelligen Bereich an. Viele Investoren sind selber Gründer in spe, die es spannend finden, den Verlauf solch eines Projektes mitbegleiten zu dürfen. Allerdings sind die Mitspracherechte sehr gering. Anders ist das bei Mitmachprojekten, die vor einigen Jahren einen echten Boom erlebten. Die Top-Story aus meiner Sicht war myfootballclub. In der Spitze zahlten mehr als 30.000 Mitglieder eine zweistellige Jahresgebühr, um den englischen Fünfligisten Ebbsfleet Unitet zu erwerben und bei allen wichtigen Entscheidungen mitbestimmen zu dürfen. Leider ist die Hype vorbei und nach dem Abstieg in die sechste Liga schrumpfte die Mitgliederzahl auf 1.350 Mitglieder, obwohl Ebbsfleet mittlerweile wieder fünftklassig ist.

Und jetzt erwischt es wohl auch das deutsche Klonprojekt “deinfussballclub.de”. Laut einer Meldung der Initiatoren Mitte September wird das Projekt zum Ende des laufenden Vertragsjahres am 12. Januar 2012 eingestellt. Damit ist die Möglichkeit vorbei, bei den Geschicken von Fortuna Köln mitbestimmen zu dürfen. Wer allerdings weiter Fortuna Köln unterstützen will und nahe dabei sein will, der kann Premium Mitglied von Fortuna Köln für ebenfalls 39,95 EUR pro Jahr werden und u.a. alle Spiele live per Internetfernsehen verfolgen und öfters mit Spielern und Trainer chatten. Ich finde das Ende von deinfussballclub sehr schade, weil ich es viele Jahr mit viel Herzblut mitbegleitet habe. Aber so ist es halt.

Bleibt eine Frage: Warum wird das Mitmachprojekt eingestellt, wo doch immer noch mehr als 7.000 Mitglieder dabei sind und damit der Mitgliederschwund längst nicht so stark wie beim Vorbild myfootballclub ist? Offiziell wird das Ende, wie man bei zeit.de nachlesen kann, wie folgt begründet: “Wir sind nach langem Abwägen zu der Erkenntnis gelangt, dass das Konzept der ‘Mitbestimmung und Transparenz’ im ambitionierten Fußball nicht so funktioniert, wie wir uns dies noch im Jahr 2008 vorgestellt haben”, hieß es in einem Statement auf der Homepage. Es habe sich gezeigt, dass absolute Transparenz in einem Fußballverein zu Wettbewerbsnachteilen, insbesondere bei Vertragsverhandlungen, führen könne und auch führe. Zudem habe die Erwartungshaltung bei den Mitgliedern im Bereich der Transparenz auch vor den persönlichen Belangen von Spielern und Trainern nicht haltgemacht.”

In einem zweiten Artikel auf zeit.de wird alles sehr kritisch nachbeleuchtet, denn der ehemalige Minderheitsgesellschafter von deinfussballclub.de DFC GmbH, Michael Schwetje, hat mittlerweile die Macht hinter den Kulissen von Fortuna Köln übernommen: “Nach dem Ende des Basisdemokratie-Experiments ist Schwetje nun der mächtigste Mann bei Fortuna Köln. Beim Start des Projekts gründete die DFC GmbH mit dem S.C. Fortuna Köln e.V. eine Spielbetriebsgesellschaft, an der die Fortuna 51 Prozent hielt, DFC 49. Inzwischen hat Schwetje seinen Anteil an DFC von 20 auf gut 87 Prozent aufgestockt – und DFC wiederum hält nach mehreren Kapitelerhöhungen 99,78 Prozent an der Spielbetriebsgesellschaft, der e.V. nur noch 0,22 Prozent. Die Fortuna hat somit nur noch einen Bruchteil der Kapitalanteile, aber laut Vertrag weiterhin 50+1 Prozent der Stimmanteile in der Spielbetriebsgesellschaft. Der Verein hat sich Schwetje ausgeliefert.”

Ich persönlich bin im Thema zu wenig drin, um beurteilen zu können, welche Rolle Michael Schwetje tatsächlich in dieser Story spielt, ob die des Retters oder die des “schwarzen Ritters”. Wie auch immer, die Zeit von Mitmachprojekten scheint auf dem ersten Blick vorbei zu sein. Begründet wird dies unterschiedlich. Während die Macher meinen, dass zu viel Transparenz eher schädlich sei, werfen viele Mitmacher den Machern vor, niemals echte Mitbestimmungsmöglichkeiten angeboten zu haben. Ich selber bin der Meinung, dass es die passive Mehrheit nicht schaffen kann, die Geschicke eines Vereins oder Unternehmens erfolgreich zu händeln. Deshalb können Crowdinvestoren eher Zuschauer und Ideengeber als Mitbestimmer sein. Und zudem bin ich eher skeptisch, wenn die Gruppe der Mitentscheider bzw. Crowdinvestoren zu groß ist. Ich behaupte mal, ähnlich wie bei realen Networks, dass mehr als 150 Mitglieder schwer zu handeln sind.

One Response to Das Mitmachprojekt “deinfussballclub” wird nächstes Jahr eingestellt

  1. […] für Fußballvereine berichtet, wie z.B. Bettel-Marketing für SK-Sturm, myfootballclub, DeinFussballclub oder die traditionsretter. Seit gestern sorgt nun die Crowdfundingaktion für den Vfl Osnabrück […]

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