In V - Existenzgründung

Die Mitteilungsfreudigkeit von StartUps macht auch bei Zahlen nicht mehr halt

Heute gehört es schon zum guten Ton, dass man als StartUp auch ein Weblog betreibt und darin ganz offen erzählt, welche Erfolge man feiert und welche Probleme man konkret hat. Diese Authentizität führt meist zu erheblichen Umsatzsteigerungen. Das haben nicht nur die Saftblogger sondern auch die Müsliblogger schnell feststellen können. Doch in einem Punkt sind die meisten Unternehmer sehr verschlossen: Bei Zahlen hört die Mitteilungsfreudigkeit meist auf. Noch vor einigen Wochen haben die Gründer von mymuesli keine Hard-Facts herausgegeben, auch nicht auf Anfrage von Bloggern. Doch jeder hat seinen Preis 🙂

Als einer von fünf Siegern des Gründerwettbewerbes enable2start hat sich mymuesli verpflichtet, auch wichtige wirtschaftliche Kennzahlen zu veröffentlichen. Jetzt wissen wir also, dass die Jungs aus Passau 70.000 EUR Umsatz in fünf Monaten gemacht haben. Für die erste Bestellung der Verpackungsdosen wurden 4.000 EUR hingeblättert. Und jetzt wissen auch, dass eine geeichte Waage 300 EUR kostet. Zudem kann man auch einige Kosten erahnen. So werden derzeit zehn studentische Aushilfskräfte von mymuesli beschäftigt. Immerhin. Ein Anfang ist gemacht.

Die Ami´s sind uns allerdings auch in diesem Punkt wieder einen Schritt voraus. So hat Guy Kawasaki jetzt die Finanzzahlen des befreundeten Internet-Startups Redfin veröffentlicht. Jetzt wissen wir genau, wie viel Redfin für die Mitarbeiter, Berater, Personalvermittler etc. bezahlt. Besonders spannend ist, dass die Ist-Zahlen mit den Planzahlen von vor 2 Jahren verglichen werden. Neben den Finanzzahlen berichten die Gründer von Redfin unter der Überschrift “Lessons learned”, was sie in den letzten zwei Jahren gelernt haben und anderen Gründern mit auf den Weg geben wollen.

Aus meiner Sicht ist das der erste Schritt, bis auch auf Produkverpackungen genau stehen wird, wie sich der Preis auf dem Ladentisch zusammensetzt. Die Menschen wollen nicht nur mehr über die Herkunft des Produktes erfahren, sondern auch darüber, an wen konkret das Geld fließt, das er bezahlt hat. Das ist unvorstellbar? Na, dann schauen Sie doch einmal an Ihrer Zapfsäule. Dort steht genau, wie viel der Staat an Steuern kassiert (pro Liter Benzin). Oder jetzt im Rahmen der Preiserhöhungen von Milchprodukten wurde offen darüber diskutiert, wie viel der Bauer pro Liter Milch derzeit bekommt.

4 Responses to Die Mitteilungsfreudigkeit von StartUps macht auch bei Zahlen nicht mehr halt

  1. Bei allem Respekt, lieber Herr Schneider, aber meine Kalkulation im Internet oder auf der Verpackung derart offen zu legen, dass jeder ablesen kann, was ich für mich (mein Unternehmen, meine Aus- und Weiterbildung, meine Zukunft, etc) einkalkuliere, bzw. hoffe, erzielen zu können, damit geht die so viel beschworene Marktwirtschaft endgültig den Bach runter. Aber ich denke, in diesem Land ist der Sozialismus ohnehin bald en vogue …
    Beste Grüsse, Joachim Zischke

  2. Hallo Herr Zischke,

    die Welt ist bisher schon viel transparenter, als sie glauben. Es gibt z.B. von vielen Anbietern schon Branchenberichte, in denen die wichtigsten betriebswirtschaftlichen Kennzahlen eines durchschnittlichen Unternehmens einer Branche und Betriebsgröße an einem bestimmten Standort aufgezeigt werden.

    Ich bin absolut dagegen, das solch eine Transparenz staatlich vorgegeben wird. Aber der Konsument soll durchaus das Recht haben, nur die Produkte zu kaufen, von denen er genau die Infos erhält, die er sich wünscht. Dieser Trend ist aus meiner Sicht nich mehr aufzuhalten und hat sehr wohl auch Vorteile.

    Warum hat das was mit Sozialismus zu tun? Im real existierenden Sozialismus hat nicht der Konsument die Macht (wie in meinem Beispiel), sondern staatliche Stellen, die unter dem Deckmäntelchen des Sozialismus Plantwirtschaft betreiben.

  3. In dieser von Ihnen geschilderten Transparenz liegt m.E. die Gefahr, dass entweder der Staat oder eine sich neu etablierte Gewissensorganisation “consumer watch” den Unternehmern vorschreibt, wieviel diese “verdienen” dürfen.

    Der Vorteil: Wir alle wissen dann endlich, dass Apples iPod aufgrund seiner elektronischen Bauteile keinesfalls 199 Euro “wert” ist, sondern eigentlich nur 21,07 Euro kosten müsste. Ist das der Vorteil, den Sie sich erhoffen?

    Frage: Wie wollen Sie die intellektuelle Leistung, die in einem Produkt steckt, denn bewerten, d.h. auf einer Verpackung darstellen?

    Der Staat würde es wie immer richten (müssen), da sich die Marktteilnehmer wohl nicht würden einigen können (siehe Verpackungsverordnung).

    Der Begriff Sozialismus bezieht sich für mich in diesem Sinne nicht auf die Macht des Konsumenten, sondern die Egalisierung des Angebots und der Märkte.

  4. Martin sagt:

    Ja, dass an der Zapfsäule steht, wie viel Shell&Co. am Liter Benzin verdienen, das würde ich mir auch mal wünschen. Habe ich aber leider noch nirgendwo gesehen. Und auch bei der Milch habe ich keine Ahnung, wer wie viel von meinem Geld erhält und wie es mit dessen Kostenstruktur aussieht.

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