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Einzigartige Serviceleistungen (5): Teil 1 des Interviews mit dem Ideeologen Jens-Uwe Meyer

In diesem und nächsten Posting geht es darum, wie man in kürzester Zeit viele neue Ideen entwickelt. Interviewt wurde dafür der Ideeologe Jens-Uwe Meyer. In mehr als 10 Jahren hat er weit über 100 Unternehmen – darunter namhafte DAX 30 – Unternehmen und internationale Konzerne – in strategischer Ideenentwicklung und dem Aufbau einer Innovationskultur beraten. Er ist Autor von sechs Büchern und mehr als 40 Fachartikeln zum Thema.

So ungewöhnlich wie seine Denkweise ist auch sein Lebenslauf. Er war Polizeikommissar in Hamburg, wo er u.a. auf der Hamburger Davidwache und bei der Rauschgiftfahndung im Einsatz war. Später wechselte er zum Fernsehen: Er war Pro Sieben Studioleiter in Jerusalem und Washington. Als Chefreporter berichtete er live aus mehr als 25 Ländern. Managementerfahrung sammelte er als Chefredakteur der Jugendwelle MDR JUMP und als Programmdirektor beim privaten Radiosender Antenne Thüringen.

Steffen Adler: Herr Meyer – wenn ich das Wort Kreativität höre, denke ich sofort an Brainstorming. Kann ich auf diese Weise 30 Ideen in einer Stunde entwickeln?

Jens-Uwe Meyer: Sie sind einem klassischen Klischee über Kreativität aufgesessen. Brainstorming produziert entgegen der üblichen Meinung keinen reißenden Ideenfluss, sondern maximal ein dünnes Rinnsal. Brainstorming ist mehr ein Heilsversprechen als eine Kreativmethodik. „Lass alles fallen, lass Dich ganz gehen und dann kommen die Ideen von alleine.“ Um wirklich qualitativ hochwertige Ideen zu entwickeln, müssen Sie Probleme erkennen, die andere nicht sehen, diese Probleme von verschiedenen Seiten angehen, Inspirationen suchen und die Idee wirklich bis zum Ende durchdenken. So wie es Edison getan hat, der mit Hilfe eines strukturierten Prozesses Ideen wie am Fließband entwickelt hat: „Eine kleine Erfindung alle zehn Tage, eine große Erfindung alle sechs Monate.“

Steffen Adler: Welche Klischees über Kreativität begegnen Ihnen noch?

Jens-Uwe Meyer: Menschen sind häufig davon überzeugt, dass nur Kreative gute Ideen entwickeln können. Sie glauben, dass man spezielle Kreativtechniken beherrschen muss, um gute Ideen zu finden und dass die besten Ideen herauskommen, wenn man frei herum spinnt. Kreativität gilt zudem als Erfolgsgarant und nur wer neue Ideen hat – so scheint es – hat Erfolg. All das sind Klischees – die Wirklichkeit sieht anders aus.

Steffen Adler: Kreativität hat scheinbar etwas Magisches. Sie entwickeln täglich neue Ideen – sind Sie ein Zauberer?

Jens-Uwe Meyer: Nein. Man braucht eigentlich nur drei Komponenten, um neue Ideen zu entwickeln. Kreative Fähigkeiten, Assoziation und Motivation. Kreative Fähigkeiten alleine machen Sie aber noch lange nicht kreativ. Selbst wenn Sie über weniger kreative Erbanlagen verfügen, können Sie hochkreative Dinge vollbringen. Auf Assoziation und Motivation kann man aber auf keinen Fall verzichten.

Steffen Adler: Was verstehen Sie unter Assoziation?

Jens-Uwe Meyer: Damit meine ich die Fähigkeit, Wissen fachübergreifend zu neuen Lösungen zu kombinieren. Solche sogenannten „niedrigen assoziativen Barrieren“ benötigt man, um gute Ideen zu entwickeln. Kreative Menschen wie Thomas Edison zeichnen sich dadurch aus, dass sie in der Lage sind, problemlos verschiedenes Wissen aus unterschiedlichen Bereichen miteinander zu verknüpfen. Ein Zahnarzt, der in einem Kindergarten hospitiert, um eine kinderfreundliche Praxis zu planen, hat solche niedrigen assoziativen Barrieren.
Bei der Entwicklung neuer Ideen findet man durch Assoziationen Lösungen, die niemand bisher entwickelt hat. Die Ideen, die diesen Denkprozessen entspringen, sind neu und ungewöhnlich. Ideen entstehen im Grenzbereich verschiedener Wissensgebiete. Man kombiniert zwei bekannte Produkte auf neue Art und Weise, man verbindet ein Produkt mit einer bekannten Dienstleistung oder nutzt einen beliebten Service in einem neuen Bereich.

Steffen Adler: Können Sie mir hierfür ein Beispiel nennen?

Jens-Uwe Meyer: Ja, denken Sie an Google: Wissen Sie, was die Suchmaschine so erfolgreich macht? Dass Sie die wichtigsten Ergebnisse sofort finden. Das einzigartige an Google ist der so genannte „Page Rank“. Die Google-Idee war die Kombination eines bekannten Produktes (Suchmaschine) mit einem wissenschaftlichen Prinzip (Zitat). Der Vater des Google-Gründers Larry Page war Professor. Page lernte, dass ein wissenschaftlicher Aufsatz als besonders wertvoll gilt, wenn er häufig zitiert wird. Aus dem akademischen Grundsatz „Der Wert eines wissenschaftlichen Aufsatzes steigt mit der Anzahl der Zitierungen“ leitete Larry Page seine These ab: Der Wert einer Webseite steigt mit der Zahl der Links, die auf sie führen. Hätte sich Larry Page nicht Wissen aus zwei verschiedenen Gebieten kombiniert, sondern ausschließlich die technische Seite einer Suchmaschine betrachtet, hätte es Google nicht gegeben.

Mehr Infos zum Autor:

Der Komfort-Experte Dr. Steffen Adler hat auf Basis mehrjähriger Projekterfahrung und eigener Untersuchungen die SOFA-Strategie® entwickelt. Sein Fokus liegt klar auf der Identifikation von wesentlichen Hürden, die den Umgang mit alltäglichen Produkten und Dienstleistungen erschweren. Seit kurzem hat er die Plattform service-dna.com gelauncht. Hier können Sie in vier Schritten Ihre einzigartige Serviceleistung entwickeln.

One Response to Einzigartige Serviceleistungen (5): Teil 1 des Interviews mit dem Ideeologen Jens-Uwe Meyer

  1. […] konnte ich mir nicht so richtig vorstellen. Aber jetzt weiß ich es und ich empfehle, das folgende Interview mit einem Vertreter dieser Berufssparte zu lesen. Gefunden habe ich es beim best-practise Blog von […]

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