Noch kommt das EBook in Deutschland nicht so richtig “aus den Puschen”. Aus meiner Sicht liegt das wesentlich daran, dass die meisten EBooks im Verhältnis zur Printversion “zu teuer” verkauft werden, sprich die Kostenvorteile nicht im fairen Verhältnis weitergegeben werden. Das erinnert mich auch an die Anfangszeiten des Musikdownloadzeitalters, als die Downloads zu teuer oder im unattraktiven Albumbandel verkauft wurden. Mit Apple gelang es dann endlich, einen Marktplatz zu errichten, der einfach zu bedienen war und Einzelsong-Musikdownloads zu fairen Preisen anbot. Da viele Verlage daraus wohl nichts gelernt haben, versuchen jetzt andere Vorreiter, dem EBook “Leben einzuhauchen”. Dazu gehört auch der allseits bekannte Spreeblick-Blogger Johnny Häusler. Er brachte Mitte Dezember sein erstes EBook mit dem Titel I live by the river! – 15 Geschichten heraus.
Ziel dieses Projektes ist es natürlich auch, Geld damit zu verdienen. Aber das ist nach Aussagen Johnny´s nicht sein einziger Beweggrund, jetzt auch ins EBook-Business einzusteigen. Vielmehr will er feststellen, ob man mit dem Self-Publishing eines EBooks wirklich auch nennenswert Geld verdienen kann. Deshalb hat er sich entschieden, im Rahmen von zahlreichen Updates über sein Testprojekt zu berichten. Und was soll man nach dem ersten Monat sagen? Das Projekt läuft mehr als gut an. Bisher hat Johnny mehr als 3.000 Exemplare seines EBooks verkauft und steigt mit seinem Buch in den iTunes- und Amazon-Chart zügig nach oben. Dabei hilft ihm natürlich seine große Leserschaft und der hohe Bekanntheitsgrad in der Bloggerszene. Schnell konnten nach dem Launch die ersten 100 Exemplare verkauft werden. Und viele andere Blogger und Journalisten haben das Testprojekt gerne aufgegriffen, um darüber zu berichten.
Bis jetzt finde ich das Interview, das Olaf Kolbrück mit Johnny Häusler für sein neues ECommerce-Blog etailment geführt hat, besonders aussagekräftig. So erklärt z.B. Johnny, warum er das EBook zuerst via Amazon veröffentlicht hat und sich anschließend einen starken Partner an Bord geholt hat, um die Verbreitung des EBooks über alle relevanten Plattformen zu realisieren: “Amazon macht einem das Selbstpublizieren für ein breites Publikum sehr leicht und es funktioniert ganz einfach. Bei vielen ePub-Händlern oder -Portalen hingegen sucht man vergeblich den Bereich “Selbst Bücher veröffentlichen‹, und bei Apple braucht man auch als Deutscher eine eigene US-Tax-ID … bei den Veröffentlichungen auf anderen Plattformen lasse ich mir daher von A2 (http://a2ep.de/) helfen, die mein Buch auch sehr flott zu iBooks und anderen Anbietern bekommen haben. Um einen Anbieter kann man sich selbst kümmern, um 200 aber nicht.”
Ein großes Thema im Interview spielte auch der gewählte Verkaufspreis von 0,99 EUR, für den sich Johnny nach längerem Überlegen entschieden hat. Er begründet den Preis damit, dass sich bei Musikdownloads ein ähnlich hoher Preis als Standard durchgesetzt und damit eine gute Orientierung für das Pricing seines EBooks dargestellt hat. Der Nachteil ist, dass
bei diesem niedrigen Verkaufspreis Johnny nur ca. 30 % des Verkaufserlöses von Amazon erhält. Erst ab einem Verkaufspreis ab 2,99 EUR erhält der SelfPublisher bei Amazon ca. 70 % der Erlöse. Bei Apple erhält Johnny trotz des niedrigen Verkaufspreises 70 % der Erlöse. Und der niedrige Verkaufspreis hat noch einen anderen Nachteil. Leser könnten vom niedrigen Preis auf die (nicht so hohe) Qualität des Buches schließen. Bei Johnny, der seit über 10 Jahren seine “Arbeitsproben” kostenlos ins Blog gestellt hat, ist das wohl eher kein Problem. Und mit einem Audiobook oder einer Printversion (es haben sich schon zwei Verlage bei ihm bisher gemeldet) könnten noch weitere Zusatzeinnahmen hinzukommen.
Auch wenn das Experiment noch in Gange ist, können schon einige Erkenntnisse zusammengefasst werden:
- Gute Logistikpartner helfen einem dabei, das EBook in alle wichtigen Distributionskanäle einzustellen.
- Blogger oder Autoren mit einer großen Fancommunity haben einen klaren Startvorteil
- Man kann in den Buchcharts schnell hochkommen, da die Konkurrenz noch nicht so groß ist
- Ein Ebook muss nicht das einzige Medium sein, um seinen Content entgeltlich zu vermarkten
- Das Ebook kann ein guter Einstieg sein, um einen Printverlag auf sich aufmerksam zu machen
- Ich würde eine Beta-Testphase voranstellen, um Fehler im Buch durch die Crowds zu korrigieren
- Ich würde hinsichtlich der Festlegung des Buchtitels einen Markttest via Google-Adwords anstellen
- Auch beim Pricing wäre ich experimentierfreudiger und würde in einer Testphase entweder verschiedene Preise (je nach Besucherherkunft) antesten bzw. Testleser den Preis festlegen lassen.
- Als nicht so bekannter Buchautor würde ich mir Partner suchen, die dabei helfen, den Medienbuzz zu entfachen.
- Ich würde zudem über ein breites Preisdifferenzierungsmodell nachdenken (nicht nur für EBooks sondern für die gesamte Vermarktung des EBooks)
Ich hätte noch einige Tipps beizusteuern, was ich anders als Johnny machen würde: