In Finanzen, Geschäftsidee, Idee - Finance, Idee - Web

Venturate will mehr als das deutsche AngelList werden

Es ist noch immer eine Herausforderung, dass kapitalsuchende StartUps die passenden Investoren finden, ohne an unzählig vielen Veranstaltungen teilnehmen zu müssen oder viele Investoren “kalt” anzusprechen. Es gibt zwar zahlreiche Crowdinvestingplattformen in Deutschland, aber was ist, wenn man einen einzelnen Lead-Investor sucht, der sechsstellige Summen investieren soll? Es gibt zwar schon Kapitalvermittlungsplattforem in Deutschland wie z.B. exchangeBA, aber die Einstiegskosten und Vermittlungsprovisionen sind relativ “happig” für StartUps. Im Angelsächsischen gibt es mit AngelList und Axial.net und in Europa mit Dealroom schon Kapitalvermittlungsplattformen, die den “Nerv der Kapitalsuchenden eher treffen”. Aber auch hier werden längst nicht alle Erwartungen erfüllt.

Deshalb geht jetzt die Venturate AG mit der Plattform Venturate.com an den Start. Gründer können ab sofort ihr Start-up auf der Plattform nach einer intelligenten Kategorisierung einstellen, qualifizierte Investoren geben ihr Finanzierungsprofil nach nämlichen Kriterien ein und können die Start-ups bei Interesse unmittelbar kontaktieren. Das Listing und somit Zugang zu hochkarätigen Investoren aus den Segmenten Business Angels, Venture Capitalists und Industrie (Großunternehmen und Mittelstand) ist für Start-ups grundsätzlich kostenlos. Es fallen auch im Erfolgsfall keine Vermittlungsgebühren für die StartUps an. Damit ist die “Hemmschwelle”, sich als StartUp zu listen, sehr niedrig.

Die Besonderheit: Optional können Start-ups eine Expertenbewertung aus dem “Venturate Expert Circle” bestellen. Die Experten sind Unternehmer, Manager und Entscheider aus dem Fachgebiet des Ventures, die sich zudem mit den typischen Start-up Dynamiken auskennen. Der Experte sichtet unter NDA (Non-Disclosure Agreement) den Business- bzw. Finanzplan, führt dann ein Interview mit den Gründern und fungiert als konstruktiver “Sparring Partner” für das zugewiesene Venture. Diese Feedback hilft den Gründern, das Konzept ggf. noch einmal nachzubessern. Die Eindrücke aus der Begutachtung verdichtet der Experte zudem in einer Bewertung von 1 bis 5 Sternen in den Dimensionen Team, Produkt und Markt.

Fällt diese Expertenbewertung positiv aus, können die Gründer die Bewertung zum bestehenden Listing hinzufügen. Diese positive Bewertung bietet für die StartUps einen erheblichen Mehwert dar: Viele Investoren nutzen diesen Gesamteindruck für eine erste Orientierung, um sich mit einem Venture näher zu beschäftigen. Somit erhöht eine Expertenbewertung die Chance auf eine Finanzierung deutlich. Wichtig: Alle Nutzer von Venturate durchlaufen vor Freischaltung eine Qualitätsprüfung. Damit will der Dienst sicher stellen, dass nicht nur interessante Startups, sondern sich auch nur solvente, seriöse und akkreditierte Investoren auf der Plattform betätigen können.

Mitgründer Andreas Hörr ergänzt dazu in einem Interview mit mir: Venturate ist ausschließlich für professionell agierende Investoren (von BAs über Acceleratoren, VCs, Family Offices, Mittelstand bis Großunternehmen), die sich verpflichten, mind. 25k pro Invest in eine Firma einzulegen (damit unterscheiden wir uns auch signifikant von Crowdfunding-Plattformen). Gerade dem Mittelstand und Großunternehmen bieten wir eine Vielzahl an Möglichkeiten, wie sie über eine Mitgliedschaft bei Venturate ohne die Gründung eines Inkubators oder Accelerators in Kontakt mit innovativen Ideen und jungen Talenten genau in ihrem Tätigkeitsbereich kommen.”

Hinter Venturate stehen die fünf erfahrenen Internet-Unternehmer Alexander Lasslop (Gründer Mydays), Andreas Hörr (Gründer Medikompass), Prof. Dr. Dr. Claudius Schikora (Präsident der Hochschule für angewandtes Management), René Seifert (Holtzbrinck eLab) und Felix Haas als Non-Executive Director und Aufsichtsrat (Gründer Amiando).
Ebenfalls für den Aufsichtsrat konnte Arnd Benninghoff, Chief Digital Officer der ProSiebenSat. 1 Media AG gewonnen werden. Die Venturate AG hat im Rahmen einer Seed-Runde Ende 2013 einen sechstelligen Betrag von acht renommierten Business Angels eingesammelt.

Sehr interessant finde ich die Kooperationen, die Venturate bisher schon eingegangen ist. Hörr erläutert das im Interview näher: “Das LMU Entrepreneurship Center betreut eine Vielzahl von wirklich tollen Start-ups. Wir haben der LMU selbst einen Expertenstatus eingeräumt, da sie die gecoachten Start-ups sehr gut kennt und somit die Start-ups selbst bewerten kann. Für die Start-ups hat dies den Vorteil, dass sie mit der Bewertung auch bei den Investoren im Dashboard erscheinen, die einen Filter gesetzt haben, dass sie nur Start-ups mit einer Bewertung ab x Sternen sehen wollen. Normalerweise kostet die Bewertung 299 Euro, aber für die in dem Programm teilnehmenden Start-ups ist sie kostenlos.”

Auch mit den Business Angel Clubs soll eng im Rahmen einer Win-Win-Situation zusammengearbeitet werden. So will Venturate proaktiv interessante Start-ups aus einer Region an die jeweiligen Business Angel Clubs weiterleiten. Hörr sagt dazu: “Wir sind überzeugt, dass Business Angel Clubs mit ihren regelmäßigen Veranstaltungen und Pitch-Möglichkeiten eine sehr wichtige Rolle in der regionalen Unterstützung von Gründern sowohl mit Geld als auch mit Netzwerk spielen.” Die Kooperation macht schon deshalb Sinn, weil Venturate zunächst nur mit Fokus auf Deutschland und die Online- & Mobile-Branche startet. Anschließend ist eine Ausweitung in andere Sektoren wie Cleantech, Medtech und Biotech sowie die Internationalisierung in Europa geplant. Das Interesse ist schon wenige Tage nach dem Launch sehr groß.

Zum Schluss des Interviews habe ich Andreas Hörr gefragt, welche drei konkreten Tipps er für ein kapitalsuchendes Internet-StartUps (Erstkapitalbedarf: 250.000 EUR) hätte, dessen Gründer selbst 50.000 EUR aufbringen können und das kurz vor dem Markteintritt steht. Hier sind die Tipps:

1. Gründer sollten sich ganz genau überlegen, welche Investorensegment (sei es Business Angels, Acceleratoren, VCs oder Mittelständler) für ihr Start-up ideal ist – denn neben Kapital können die verschiedenen Investorensegmente oftmals einige weitere für Gründer wertvolle Assets mitbringen. Mein Eindruck ist, dass sich viele Gründer darüber keine oder nur wenige Gedanken machen.

2. Es gibt bundesweit eine Vielzahl von staatlich geförderten Coaching-Programmen (z.B. Evobis). Es macht sicher Sinn, sich hier zu erkundigen und beispielsweise Unterstützung bei der Erstellung des Business Plans bzw. der Pitchunterlagen oder auch nur im Pitchtraining in Anspruch zu nehmen.

3. Für den Finanzierungssuche sollten Gründer rund 6 Monate einplanen. In meinen Augen wird die zeitliche Komponente von Gründern oftmals deutlich unterschätzt.

Bildquelle: RainerSturm / pixelio.de

One Response to Venturate will mehr als das deutsche AngelList werden

  1. Lieber Herr Schneider,

    vielen Dank für Ihren informativen Artikel.

    An zwei Stellen möchte ich Sie allerdings “korrigieren”:

    1.) Wir betreiben keine Kapitalvermittlungsplattform, da wir kein Kapitalvermittler im Sinne der GewO sind. Wir sind ein Beratungshaus und unterstützen kapitalsuchende Unternehmen bei der Umsetzung von Venture Capital-Finanzierungen.

    2.) Unsere “Einstiegskosten und Vermittlungsprovisionen” sind nicht “happig”, sondern äußerst moderat. Während die erfolgsbasierte Komponente bei uns maximal(!) 4% beträgt, verlangen z.B. Crowdfunding-Plattformen 8-10%. Auch unsere Tagessätze sind äußerst moderat. Jungen Unternehmen bieten wir zudem im Rahmen des KfW-Gründercoaching vergünstigte Tagessätze an.

    Viele Grüße
    Jochen Haller

Schreibe einen Kommentar