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Moleskine schaffte mit Legendenmarketing den Gang an die Börse

Wer hätte wohl gedacht, dass ein kleiner italienischer Geschenkartikelhersteller seinen Durchbruch einem schwarzen, unscheinbarem Notizbuch zu verdanken hätte. Wenige! Garantiert hätte es keiner für möglich gehalten, dank solch eines Produktes die Basis für einen Börsengang zu schaffen. Doch genau das ist geschehen. Der Name dieses Produktes, “Moleskine”, ist mittlerweile schon eine Legende. Doch wie fing alles an?

Die (freie) Mitarbeiterin des italienischen Geschenkartikelherstellers Modo & Modo, Maria Sebregondi, las während eines Segelurlaubes das Buch “Traumpfade” des englischen Reiseschriftstellers Bruce Chatwin. Der heimliche Star des Buches war ein kleines schwarzes Notizbuch, dessen Einband aus schwarzem Englischleder, auch Maulwurfsleder (moleskine) genannt, gefertigt war. Laut der Saga des Buches kaufte der Romanheld diese Notizbücher in einer kleinen Papeterie in Paris, bis ihm eines Tages die schlechte Nachricht unterbreitet wurde, dass der Hersteller dieser Bücher verstorben sei. Das war der perfekte Stoff für einen Legendenbildung rund um dieses Notizbuch. Und schliesslich fand Maria Sebregondi noch heraus, dass ähnliche Notizbücher auch schon Van Gogh und Picasso benutzten. Fertig war die Story, die einem unscheinbarem Notizbuch Weltruhm verschaffte:

“Moleskine ist das Erbe des legendären Notizbuches der Künstler und Intellektuellen der vergangenen zwei Jahrhunderte, von Vincent Van Gogh bis Pablo Picasso, von Ernest Hemingway bis Bruce Chatwin. Ein schlichtes, schwarzes Rechteck, an den Ecken abgerundet, die von einem elastischen Band gehaltenen Vorsatzblätter, die Innentasche: ein anonymes und in seiner Essenzialität perfektes Objekt, mehr als 100 Jahre von einer kleinen, französischen Manufaktur hergestellt, die die Pariser Buchhandlungen belieferte, welche von der internationalen künstlerischen und intellektuellen Avantguarde besucht wurden. Der vertraute Reisebegleiter im Taschenformat enthielt die Skizzen, Notizen, Geschichten und Ideen, bevor diese berühmte Bilder oder Seiten geliebter Bücher wurden.”

Fertig war die Legende. Jetzt brauchte es nur noch die passenden Vertriebspartner. Die waren schnell gefunden: Buchhandlungen. Und so wurde das Moleskine als Buch offeriert, dass der Käufer nur noch zu Ende schreiben müsste. Die Idee für diese Vertriebspartnerschaften war genial. Denn im Umfeld geschriebener Bücher erschien der Verkaufspreis von 12 EUR nicht übertrieben. Zudem erhielt die Legende hier den nötigen Unterbau. Denn schliesslich werden in Buchhandlungen auch Werke über Van Gogh, Picasso und Hemingway verkauft. Und so schaffte es ein kleiner italienischer Geschenkartikelhersteller, mit einem einzigen Produkt Weltruhm zu erlangen. Und das mit einem Produkt, das erst 1998 in den Markt eingeführt wurde.

Im Jahr 2007 firmierte Modo & Modo in Molskine um, ein Jahr nachdem eine Private Equity Gesellschaft einstieg. Im April 2013 ging Moleskine an die Börse. Die Firma hat knapp 300 Mitarbeiter und erzielte 2014 einen Umsatz von mehr als 100 Mio. EUR und einen Reingewinn von 16,5 Mio EUR. Allerdings war das kleine schwarze Notizbuch nur die Basis für diesen Erfolg. Mittlerweile umfasst das Sortiment neben Notizbücher auch Tagebücher, Skizzenbücher, Taschen, Schreibgeräte und Lesezubehör. Und der digitale Wandel ist auch an Moleskine nicht spurlos vorbeigegangen. Seit 2012 können Nutzer die Skizzen und Notizen fotografieren und in die Cloud von Evernote hochladen. Weitere Kooperationen mit Playern der digitalen Welt sollen folgen.

Mehr zu dieser ungewöhnlichen Story könnt Ihr bei BrandEins (Artikel aus dem Jahr 2008) und in einem aktuellen Interview in der Handelszeitung mit der Urherberin Maria Sebregondi nachlesen.

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