Es gibt immer wieder mutige Gründer und Unternehmer, die nicht die herkömmlichen „Trampelpfade“ in ihrer Branchen betreten wollen, sondern ganz neue Wege gehen. Wir berichten in unserem Blog regelmäßig über solche Pioniere, Querdenker, Gamechanger oder Regelbrecher. Wichtig dabei ist, dass sie nicht nur andere sondern auch bessere Wege gehen. Es gehört dazu, dass diese Querdenker alles Bestehende hinterfragen.
Regelbrecher kommen häufig in jungen oder gesättigten Märkten vor, nicht dagegen so häufig in Wachstumsmärkten. Innerhalb eines bestehenden Unternehmens werden Regeln häufig gebrochen, wenn Führungs- oder Generationenwechsel in vorrangig zentralistisch bzw. autoritär geführten Unternehmen durchgeführt werden. Start-Ups fällt es leichter, Regeln zu brechen, weil sie nichts umbauen müssen. Allerdings brauchen die Gründer Investoren an ihrer Seite, die sehr risikofreudig sind und einen “langen Atem” haben.
Tesla Motors wurde als Außenseiter lange unterschätzt
Tesla Motors wurde zu lange unterschätzt und konnte vielleicht auch deshalb so erfolgreich werden. Wie sollte schon ein Internetunternehmer (Elon Musk) Erfolg damit zu haben, ein Auto zu entwickeln und zu produzieren? Zudem wurde (zu Beginn) noch nicht einmal ein eigenes Auto entwickelt, sondern eine bestehende Karosserie verwendet (Lotus Elise). Und dann handelte es sich noch nicht einmal um ein “vollwertiges Auto”, sondern “nur” um einen hochpreisen Roadster (also kein Fahrzeug für die Masse). Und in Werbung wurde auch nicht viel Geld investiert. Und dann wurde die Produktionsstätte auch noch im Silicon Valley errichtet und nicht dort, wo die meisten anderen Hersteller und Zulieferer vertreten waren. Wie sollte das gutgehen? Weiterhin wurde bekannt, dass Elon Musk nur “Teilzeitunternehmer” war und sich gleichzeitig um viele andere Projekte (Solar, Raumfahrt) kümmerte. Und als sich der Erfolg einstellte, verkündete Elon Musk auch noch, auf die Durchsetzung seiner Patente verzichten zu wollen. Und obwohl es im Kerngeschäft noch nicht rund läuft (Probleme bei der Massenproduktion), kümmert sich Elon Musk mit Tesla um viele weitere Themen (Produktion von Energiespeicher, Solarpanels in Form von Dachziegeln, etc.).
Faltin´s Teekampagne bietet nur eine Teesorte in Großverpackungen an
In einer Zeit, in der der Teehandel in Deutschland mit Sorten- und Geschmacksvielfalt auftrumpfte, brach Prof. Faltin mit seiner Teekampagne mit dieser Tradition. Er bot mit seiner Firma nur eine (edle) Teesorte (Darjeeling) an und das zu “unschlagbar” günstigen Preisen, da die Handelskette verkürzt wurde und der Tee nur in (“ungewöhnlich) großen “Loseinheiten” an den Endkunden verkauft wurde. Bis heute ist er diesem Konzept treu geblieben (wenn mittlerweile auch Grüntee-Kapseln angeboten werden). Der Erfolg gibt ihm bis heute recht. Die Teekampagne verzichtete von Beginn an auf kostenintensive Werbekampagnen und verließ sich auf das Empfehlungsmarketing durch die Kunden. Zudem wurden viele Aktivitäten ausgelagert, was viele Konkurrenzunternehmen als befremdlich ansahen. Und letztlich testete die Teekampagne den Tee auf viele Schadstoffe und entwickelt mit den Teebauern Lösungen gegen die Schadstoffbelastung. Das Thema wurde bis dahin in der Branche eher vernachlässigt.
Das Kochhaus sortiert die Waren neu und verzichtet auf (zu viele) Regale
Das Kochhaus, das im September 2010 das erste Geschäft in Berlin eröffnet hat, ist nach eigenen Aussagen das erste Lebensmittelgeschäft in Deutschland, das nicht mehr nach Warengruppen, sondern nach Rezepten sortiert Lebensmittel und Kochutensilien präsentiert. An Verkaufstischen hängen große farbige Tafeln, die auf einen Blick zeigen, was für das Kochen eines Gerichtes alles benötigt wird. Zudem sind alle nötigen Zutaten für das jeweilige Gericht auf den Rezepttischen platziert. Dadurch ist das StartUp Kochhaus nicht nur schnell in die Gewinnzone gekommen (beachtlich für ein StartUp aus dem Offline-Handel), sondern wächst (auch dank eines Franchisesystems) sehr dynamisch. Zudem wurde das Online-Geschäft dank Online-Shop und Abocommerce-Modell (Kochhaus-Boxen) auf- und ausgebaut.
Der Laufladen Lunge errichtet eine Schuhproduktionsstätte in Deutschland
Die Brüder Ulf und Lars Lunge betreiben in Hamburg und Berlin vier gleichnamige Geschäfte für Laufschuhe. Sie legen dabei sehr viel Wert auf individuelle Beratung. Nicht immer allerdings konnten sie in der Vergangenheit den Kunden die Schuhe anbieten, die sie sich wünschen würden, da es sie noch nicht auf dem Markt gab. Und so haben sich die Brüder entschlossen, selber zu Produzenten von Sportschuhen zu werden. Das alleine ist für ein mittelständisches Handelsunternehmen (ohne einen großen Konzern im Hintergrund) sehr ungewöhnlich. Noch ungewöhnlicher ist, dass die Schuhe in Deutschland produziert werden, obwohl die Konkurrenz fast ausschliesslich in Asien produzieren lässt. Mittlerweile (zehn Jahre später) kommt das Konzept, wieder in Deutschland Schuhe zu produzieren, wieder in Mode (siehe Adidas Speedfactory).
Dyson hinterfragt die “Gesetze” der Branche
Weltberühmt wurde der Erfinder James Dyson mit seiner gleichnamigen Firma durch den beutellosen Staubsauger, der herkömmliche Staubsauger unter Aspekten der Saugleistung „alt aussehen“ ließ. Der Weg bis dahin war sehr steinig. 15 Jahren Entwicklungszeit und 5127 Prototypen später war es endlich soweit: Unter dem Namen „Dual Cyclone“ führte Dyson 1993 seinen tütenlosen Staubsauger ein. Schnell wurde sein Staubsauger auch dank des Designs zum Statussymbol (gerade ) für Männer, die bisher von der Branche nicht als Kundenzielgruppe identifiziert wurde. Im Gegensatz zur Konkurrenz investiert Dyson viel Geld in Forschung & Entwicklung, dagegen wenig Geld in Werbung. Weniger das Produkt, vielmehr der Gründer steht im Mittelpunkt der Werbung. Und in einer Branche, in der hoher Preiswettbewerb herrscht, bietet Dyson Hochpreisprodukte an. Und weil er mittlerweile nicht nur mit Staubsaugern erfolgreich ist, will Dyson jetzt auch ein Elektroauto herstellen und dabei wieder fast alle Gesetze der Branche auf den “Kopf stellen”.

crose
Aber auch die Kehrseite der Medaille sollte nicht verschwiegen werden. Viele Regelbrecher scheitern. In der Presse werden aber meistens nur diejenigen gefeiert, die es langfristig geschafft haben. Nur etwas anders zu machen ist keine Garantie, etwas besser zu machen. Wenn man genau hinschaut, machen viele Regelbrecher auch nicht alles anders, sondern lassen sich sehr wohl von den Erfolgsrezepten anderer inspirieren, aber meistens nicht aus der eigenen Branche. Und zudem brauchen Querdenker häufig einen langen Atem und ein dickes Fell, besonders in Deutschland. Denn die Deutschen mögen es nicht, wenn man aus dem Rahmen fällt.
Mehr zu der Ratgeber-Serie “Neue Geschäftsideen finden”:
Damit es in Zukunft nicht mehr dem Zufall überlassen ist, neue Geschäftsideen zu finden, haben wir vor einigen Jahren die Ratgeber-Artikel-Serie „Neue Geschäftsideen finden“ gestartet. Die Besonderheit: In jeder Ausgabe veröffentlichen wir passende Best-Practice-Beispiele. Unser Ziel ist es, einen praxisorientierten Leitfaden zu erstellen, der hinsichtlich Inhalt, Praxisbeispiele und Umfang einmalig ist. Damit Sie die Übersicht behalten, haben wir die Artikelserie im Magazin-Special „Geschäftsideen finden“ zusammengefasst und dort auf die Detailartikel verlinkt. Unser Fazit lautet: Es gibt viele Wege nach Rom.
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