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Die Jahrhundert-Champions (Teil 2): Effizienz vor Innovation

Die Zukunft gehört der Innovation. Wie auch sonst sollen deutsche Unternehmen der Billigkonkurrenz aus Asien Paroli bieten. Aber muss es immer eine bahnbrechende Innovation sein?

Anfang der 1990er-Jahre revolutionierte Netscape das Internet und gewann mit seinem Browser in kurzer Zeit Marktanteile von bis zu 90%. Als Microsoft im August 1995 mit einem technisch minderwertigen Produkt die Aufholjagd startete schien dies ein aussichtsloses Unterfangen zu sein. Doch nicht brilliante Innovation, sondern effizienter Auftritt am Markt waren letztendlich entscheidend. Microsoft bündelte den Internet Explorer mit seinem Office Paket und stellte das Produkt gratis zur Verfügung. Es bestand für die Kunden schlichtweg kein Grund mehr sich Netscape zu organisieren.

Die bittere Niederlage von Netscape ist keine Ausnahme. In unserer Studie unterschieden sich die Jahrhundert-Champions von den Vergleichsunternehmen nicht in Punkto beachtenswerter Innovation, sondern der Fähigkeit das Meiste aus ihren Produkten und Innovationen herauszuholen. Effizienz ist wichtiger als Innovation! Ein anschauliches Beispiel liefert Glaxo. Während Vergleichsunternehmen Wellcome aufgrund seiner Innovationskraft oft als ‚einzige börsennotierte Universität Grossbritanniens‘ bezeichnet wird, liegen die Stärken von Glaxo im Marketing.

In den 70er Jahren beschäftigte sich die Pharmaindustrie intensiv mit Magengeschwüren. Das weit verbreitete Leiden konnte damals nur mittels Operation bekämpft werden. Auch Glaxo forschte an diesem Thema, war sich aber bewusst, nicht in der ersten Forschungs-Liga zu spielen. Folgerichtig legte sich das Unternehmen nicht auf einen bestimmten Lösungsweg fest, sondern hielt sich mehrere Lösungswege offen. Schließlich brachte Smith-Kline mit Tagamet ein Medikament auf den Markt, das zum bestverkauften Pharmaprodukt arangierte. Glaxo konnte nun auf seine bisherigen Forschungen aufbauend in die gleiche Richtung arbeiten. 1981 war mit fünfjähriger Verspätung Zantac bereit zum Markteintritt.

Wie soll Glaxo nun vorgehen? Der klassische Ansatz wäre ein niedriger Preis um sich ein Stück vom Kuchen zu ergattern. Glaxo betrachtete seine Verspätung jedoch als Vorteil! Die Ärzte verstanden bereits wie das neue Magen-Darm-Medikament funktionierte. Es galt also nur noch sie davon zu überzeugen, dass Zantac besser ist als das Produkt von Smith-Kline. Aber wie? Drei Punkte sind entscheidend. Erstens, Glaxo hat in Europa ein brilliantes Verkaufsteam, das Zantac als das ‚bessere Tagamet‘ positioniert. Zweitens, in den USA wird eine Vertriebsgemeinschaft mit Roche gegründet, um die notwendige Größe zu erreichen. Und drittens – der genialste Schachzug – wird Zantac zu einem höheren Preis verkauft als Tagamet. Für ein Nachahmungsprodukt scheint dies beinahe grotesk, aber es unterstützte das Argument der Verkäufer, das ‚bessere Tagamet‘ anzubieten. Zantac wurde das erfolgreichste Medikament aller Zeiten!

Machen Sie sich Gedanken über die effiziente Nutzung ihrer Produkte. Innovation ist wichtig, aber kein Ziel an sich. Nicht selten gewinnen jene, die von den Fehlern der Innovationsführer lernen. Weder iPod, iPhone oder iPad waren die ersten Produkte ihrer Kategorie. Sie waren schlichtweg ein wenig besser als die Vorläufer, besser vermarktet und eben cool.

Mehr Infos zu den Autoren:

Christian Stadler ist Associate Professor für Strategisches Management an der Warwick Business School, England. Philip Wältermann ist in München als Unternehmensberater, Business Angel und Entrepreneur tätig. In ihrem neuen Buch ‚Die Jahrhundert-Champions‘ beschreiben Sie wie Unternehmen langfristig erfolgreich sein können. Regelmäßige Updates finden sie unter http://www.jahrhundertchampions.de/, http://www.facebook.com/Jahrhundertchampions und https://twitter.com/EnduringSuccess.

4 Responses to Die Jahrhundert-Champions (Teil 2): Effizienz vor Innovation

  1. Jan Markisch sagt:

    Eine ganz schwache Serie.

    Es ist immer extrem einfach im nachhinein Unternehmen anzuschauen und so zu tun, als ob man weiss, weshalb diese erfolgreich sind.

    Aber meist stimmt dies überhaupt nicht, sondern die Autoren liegen komplett falsch (siehe das Buch “built to last” – wo die meisten Unternhemen mittlerweile pleite sind).

    Wird das Gleiche mit diesen Unternehmen passieren?

    Keine Ahnung. Aber die Vergangenheit hat bewiesen, dass Authoren keine Ahnung haben, weshalb Unternhmen erfolgreich sind (sonst würden sie selbst eins gründen und nicht einfach nur drüber schreiben).

    Daher empfehle ich Unternehmern diese Tipps extrem skeptisch zu betrachten und aufzupassen, von wem sie hier Ratschläge annehmen.

  2. @ Jan Markisch,
    Vielen Dank für den Kommentar. Sie haben vollkommen recht, dass die von uns untersuchten Unternehmen in Zukunft durchaus in Schwierigkeiten geraten können. Es ist auch nicht unsere Absicht Prognosen zu erstellen. Unsere Idee war zwei Gruppen von Unternehmen zu vergleichen. Die einen liefen sehr gut, die anderen weniger gut. Es geht somit ausschließlich um den von uns gewählten Beobachtungszeitraum und die daraus gewonnen Ideen.

    Selbstverständlich können Sie auch ein Unternehmen gründen, um Ideen auszuprobieren. Dabei dürfte es nicht von Nachteil sein auf die Erfahrung Anderer zurückzugreifen. Wobei hinzuzufügen ist, dass es bei uns weniger um die Herausforderungen in der Gründungsphase und mehr um jene von ethablierter Unternehmen geht.

    Mit freundlichen Grüßen,
    Christian Stadler und Philip Wältermann

  3. Thomas Hofer sagt:

    @ Jan Markisch

    Sie sollten sich erst einmal über die Autoren (schreibt man übrigens ohne h nach dem t) informieren, bevor Sie solche Statements abgeben. Ach und übrigens, ich wüsste nicht, dass z.B. 3M, American Express oder Boeing pleite ist. Zudem zählt hier der Grundsatz. Jemand wie Sie, der anscheinend nicht in die Vergangenheit blickt und aus den Fehlern seiner Vorgänger lernen will, wird auch in der Zukunft nur schwer oder gar nicht erfolgreich sein. Das trifft auf den Lehrling sowie auch auf den CEO zu.

  4. Hallo Jan,

    ich persönlich kenne keinen Ratgeber, der perfekt ist und 100%ig die Zukunft voraussagen kann. Das ist auch gar nicht Anspruch dieses Blogs: Wir verstehen uns als Ideenbaukasten. Jeden kann sich davon inspirieren lassen, keiner muss.

    Ich finde an obiger Serie sehr beeindruckend, dass mit vielen Paradigmen aufgeräumt wird, die ich aus BWL- und Mangementratgebern kenne. Insofern finde ich es sehr erfrischend, dass hier neue Sichtachsen angelegt wurden und sich daraus interessante Erkenntnisse ergeben, als Anregung, nicht als Pflichtinformation.

    Noch ein Statement zum Abschluss: Nicht jeder gute Autor ist ein guter Unternehmer und nicht jeder guter Unternehmer ist ein guter Autor. Aber es ist gut, dass es beide Gruppen gibt.

    Gruss

    Burkhard Schneider

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