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Die Jahrhundert-Champions (Teil 6): Wandel kultursensibel gestalten

Es ist Montagmorgen. Sie haben noch nicht einmal die erste Tasse Kaffee getrunken, da sticht ihnen ein Email aus der Konzernzentrale ins Auge. Eine große Transformation wird angekündigt. Alles soll neu werden. Die alten Strukturen passen nicht mehr und die Kultur ist sowieso nicht mehr zeitgerecht. In den kommenden Wochen folgen noch weitere Nachrichten. Der CEO kommt selbst vorbei und erklärt vor versammelter Mannschaft wo die Reise hingeht. Selbstverständlich soll alles besser werden. Workshops folgen und neue Abteilungen werden eingeführt.

Doch von Anfang an sind Sie und ihre Kollegen skeptisch. Eigentlich ist es vorher nicht schlecht gelaufen und die neuen Strukturen bringen Unruhe ins operative Geschäft. Letztendlich wird großteils so weitergemacht wie vorher. Schließlich machen Sie das seit 20 Jahren und der CEO ist nicht nur weit weg, sonder vermutlich in ein bis zwei Jahren auch nicht mehr im Amt.

Kommt Ihnen bekannt vor? Oft versuchen Führungskräfte ihre Ideen ohne Rücksicht auf bestehende Traditionen umzusetzen. Insbesonders jene, die nicht im Unternehmen groß wurden. Ihre Ansätze mögen durchaus Sinn machen, aber ohne die Herzen der Mitarbeiter zu gewinnen, wird jede Transformation im Sand verlaufen. Hans Heyne, der 1962 an die Spitze der AEG trat um das Unternehmen zu sanieren fällt in diese Kategorie. Ohne viel Rücksicht auf die lange Tradition des Unternehmens greift er durch. Das Ergebnis: viele erfahrene Manager verlassen das Unternehmen, es kommt zu keinen substantiellen Veränderungen und in der Zentrale versammeln sich Ja-Sager, die abfällig ‚Heyne’s Würstchen‘ genannt werden.

Jahrhundert-Champion Siemens arbeitete im selben Zeitraum ebenfalls an einer Neuaufstellung. Anders als bei der AEG nahm sich die Konzernspitze selbst nach den offiziellen Beschlüßen 1965 weitere vier Jahre Zeit um drei bis dahin weitgehend selbstständige Unternehmen unter einem Dach zusammenzuführen. Untere Ebenen wurden in den Prozess eingebunden und bewährte Sub-kulturen durften weiterbestehen. Die Umgestaltung war ein voller Erfolg. Selbst radikale Schritte wie die Ausgliederung der Haushaltsgeräte in ein Joint-Venture mit Bosch konnten so umgesetzt wurden. Wie in den anderen Bereichen zeigte sich die bedachte Vorgangsweise. Zunächst wurde nur eine Vertriebsgemeinschaft gegründet und erst als sich die Unternehmen ausreichend kannten wurde im Laufe der Jahre die Zusammenarbeit ausgebaut.

Wenn Sie sich morgen Gedanken über die Umgestaltung ihres Unternehmens oder ihre Abteilung machen, vergessen Sie die Jahrhundert-Champions nicht: nachhaltige Veränderung gelingt nur mit Rücksicht auf die bestehende Kultur und Tradition.

Mehr Infos zu den Autoren:

Christian Stadler ist Associate Professor für Strategisches Management an der Warwick Business School, England. Philip Wältermann ist in München als Unternehmensberater, Business Angel und Entrepreneur tätig. In ihrem neuen Buch ‚Die Jahrhundert-Champions‘ beschreiben Sie wie Unternehmen langfristig erfolgreich sein können. Regelmäßige Updates finden sie unter http://www.jahrhundertchampions.de/, http://www.facebook.com/Jahrhundertchampions und https://twitter.com/EnduringSuccess.

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