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Schmarotzermarketing für Fortgeschrittene

Häufig gibt es bei einer Dienstleistung oder sonstigem Angebot mittelbarer Nutznießer, die in Form von erhöhter Kundennachfrage ebenfalls profitieren, ohne dabei den direkten Anbieter am Erfolg zu beteiligen. Das nenne ich Schmarotzer-Business. Jemand, der diese “Schmarotzer” früh ins Boot nimmt, ist Ryanair-Chef O`Leary. Bevor er einen neuen Flughafen mit seinen Maschinen anfliegt, bittet er die mittelbaren Nutznießer des erhöhten Tourismusaufkommens (Kommunen, Hotels, Gasstätten, Taxifahrer, Einzelhändler…) mit Millionenberträgen zur Kasse. Zudem verdient er an der Online-Vermittlung (Hotels, Mietwagenfirmen) ausgewählter Dienstleister ebenfalls sehr viel Geld. So kann er seine Flugpreise durch die Subventionierung der “Schmarotzer” deutlich günstiger anbieten.

Aus meiner Sicht machen sich viel zu wenige Anbieter Gedanken darüber, wie sie diese mittelbaren Nutznießer mit in die Verpflichtung nehmen können. Absolut erwähnenswert ist es, wenn dieses mittelbaren Nutznießer selber auf die Idee kommen, den direkten Anbieter zu unterstützen. Ihr glaubt, das gibt´s nicht? Weit gefehlt. Erst kürzlich habe ich in nzz-online gelesen, wie sich die Verantwortlichen des Schweizer Kurortes Grächen Gedanken darüber machen, die Bettenbelegungsquote in Ferien- und Zweitwohnungen deutlich zu erhöhen. Folgende Rechnung im nzz-Artikel zeigt auf, wer in welcher Höhe von einer minimalen Erhöhung dieser Bettenbelegungsquote profitieren würde:

“Wenn im Kurort die 1500 kalten Betten nur während zweier Wochen im Jahr genutzt würden, bescherte das der Station einen Einnahmenzuwachs von 1,6 Millionen Franken. Grächen verfügt über 591 Hotelbetten und 5350 Betten in der Parahotellerie, also in Appartements, Eigentumswohnungen und Chalets. Allein die Gastronomie und die Vermieter würden fast 1,3 Millionen Franken zusätzlich einnehmen, 290 000 Franken mehr flössen in die Kassen der Bergbahnen, und 42 000 Franken würden zusätzlich an touristischen Taxen erwirtschaftet.”

Viele mittelbaren Nutznießer wurden in dieser Rechnung noch nicht berücksichtigt, wie z.B. die Einzelhändler vor Ort. Aber es ist ein guter Anfang, solch eine Rechnung aufzustellen. Dabei sollte es natürlich nicht bleiben. Deshalb haben sich die Verantwortlichen der Gemeinde Grächen entschieden, folgenden Pilotversuch zu starten: Den Eigentümern von Ferien- und insbesondere Zweitwohnungen sollen von der Werbung über die Reinigungsarbeiten bis hin zur Administration alles abgenommen werden. Leider ist in dem Artikel nichts darüber geschrieben worden, wer die Kosten für diese Serviceleistungen übernimmt. Ist es allein die Gemeinde, oder der Vermieter oder alle Nutznießer gemeinsam? Der Ansatz ist auf jedenfalls lobenswert, wenn auch noch ausbaufähig.

4 Responses to Schmarotzermarketing für Fortgeschrittene

  1. Was mich mal interessieren würde, wie solche Zahlen zustande kommen. Gibt es dafür irgendwelche Tabellen oder Erfahrungswerte?? Woher weiß man, dass die Touristen auch Bergbahn fahren und damit 290 000 Franken ausgeben? Solche Berechnungsmuster wären sehr interessant für mich!

  2. Erst jetzt entdeckt, aber sehr spannend – stimmt, solche Berechnungen werden sicher oft außen vor gelassen und wichtige Potenziale damit verschenkt… Mal im Hinterkopf behalten!

  3. Torsten Wolf sagt:

    …. ein sehr interessanter Blog den ich studieren werde. Danke für die Informationen. Ich bin über Twiiter zu diesem Blog gekommen.

    Liebe Grüße und eine gute Zeit

    Torsten Wolf

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